50:50? Noch längst nicht überall!
Statistische jährliche Erhebungen zeigen den Anteil von Frauen in der zeitgenössischen Musikszene auf. Im Jahr 2014 erstellte das Archiv Frau und Musik erstmals eine Statistik, indem es die Webseiten der großen Hochschulen und Kompositionsinstitute nach folgenden Zahlen, Daten und Fakten auswertete und veröffentlichte:1
Anteil von Werken von Komponistinnen in den Programmen deutscher Festivals für Neue Musik (ausgewertet wurden insgesamt 22 Festivals mit total 1.768 einzelnen Aufführungen):
2010 2011 2012 2013
10 % 12 % 13 % 12 %
Anteil von Werken von Komponistinnen in den Programmen der Initiative Neue Musik Berlin (ausgewertet wurden insgesamt 2.872 einzelne Aufführungen):
2011 2012
15 % 12 %
Anteil weiblicher Studierender im Fach Komposition an deutschen Musikhochschulen:
2010: 1.384 Studierende (29 %)2
Anteil Frauen unter den Mitgliedern der Sektion Musik der Akademie der Künste, Berlin:
2013: 9 Mitglieder (15 %)3
Anteil der weiblichen Mitglieder der GEMA 2013:
Gesamt: 8.881 (14 %)
Angeschlossene Mitglieder: 7.889 (15 %)
Außerordentliche Mitglieder: 790 (13 %)
Ordentliche Mitglieder: 202 (7 %)4
Anteil der Professorinnen im Hauptfach Komposition in Deutschland (auch Teildeputate) 2014: 8 % (4 Professorinnen)5
Jedes Jahr erstellt Bachtrack aufgrund ihres Daseins als einer der bedeutendsten Event-Finder weltweit Statistiken zu den bei sich eingetragenen Konzerten und Veranstaltungen im Klassikbereich. Marin Alsop war im Jahr 2013 die einzige Frau, die es in die Top 100 der bedeutendsten DirigentInnen geschafft hat – auf den 100. Platz. Aber: sie war auch die erste Dirigentin der Welt, die 2013 die Last Night of the Proms eröffnet und als Eröffnungswerk eine Komposition einer Frau gespielt hat. Unter den 100 meistaufgeführten Komponisten im Jahr 2013 war keine einzige Frau. Clara Schumann befand sich weit abgeschlagen auf Platz 182, Judith Bingham auf Platz 202, Männer wie Arvo Pärt oder John Williams befanden sich hingegen unter den besten 100. Unter den 100 meistaufgeführten Werken befand sich ebenfalls kein einziges Werk einer Frau.6 Die aktuellen Zahlen für das Jahr 2022 finden Sie direkt bei Bachtrack.
In Deutschland existierten im Jahr 2015 rund 170 professionelle große Orchester – nur ein einziges wurde in dieser Zeit von einer Frau geleitet: von Kristiina Poska, Komische Oper Berlin.7
Zum 8. März 2021 veröffentlichte musica femina münchen in Kooperation mit dem Archiv Frau und Musik eine weitere Studie (erarbeitet von Bundespräsident-Stipendiatin Melissa Panlasigui) zu den dann rund 130 professionellen deutschen Orchestern: Der Anteil von Komponistinnen am Programm der Saison 2019/2020 betrug weniger als 2 %. Eine Studie der Stiftung Donne – Women in Music untersuchte Orchester international auf Werke von Frauen und kam für die Saison 2020/2021 auf 7,7 %.
Interessiert man sich näher für den Komponistinnenanteil bei heimischen Konzertveranstaltern, so wird man – wenn man die Probe aufs Exempel macht und seine Tageszeitung auf Werke von Komponistinnen durchsucht – auch hier nur in Ausnahmefällen fündig. Und solange höchst renommierte Rundfunkanstalten Komponistinnen in Sendungen noch als „seltene Spezies“ bezeichnen, scheint der Weg hin zu Gleichberechtigung noch weit zu sein.
Wir beschreiten diesen Weg konsequent. Unterstützen Sie uns dabei.
Einzelnachweise
1 Archiv Frau und Musik/Internationaler Arbeitskreis Frau und Musik e.V. (Hg.): 50:50? Noch längst nicht überall!, in: VivaVoce 99 (Winter), Frankfurt a. M. 2014, S. 43.
2 Deutsches Bundesamt für Statistik.
3 Webseite der AdK.
4 GEMA.
5 Ausgewertet wurden die Webseiten der Musikhochschulen.
6 https://bachtrack.com/de_DE/2013-stats?destination=%252F (Stand: 08.12.2015).
7 3sat Kulturzeit, Sendung vom 19. Juni 2015.