Zur Aktion „Play Me, I’m Yours“ in München 2013
Ob im Zentrum, in Stadtteilkulturhäusern oder auf Plätzen unter freiem Himmel – vom 4. bis 19. Mai 2013 luden 14 ausgemusterte Klaviere Passant_innen und Gäste ein, auf ihnen zu spielen und der Musik von Unbekannten zu lauschen. Diese Streetpiano-Aktion wurde 2008 von Luke Jerram, einem britischen Künstler, erfunden. Mehr als zwei Millionen Menschen konnte er schon mit seinem Projekt begeistern. Mehr als 800 Klaviere wurden seitdem in 36 Städten weltweit installiert – auch in Metropolen wie New York oder London. Ob in öffentlichen Parks, Bahnhöfen, Galerien und Märkten, auf Brücken oder sogar auf Fähren – überall standen und stehen die Klaviere bereit zum Spiel. Mit dem Aufstellen der Klaviere an Plätzen und Orten, an denen sonst keine Musik erklang, wurden die Menschen und ihr urbanes Umfeld geradezu aufgefordert, sich mit dieser Kunst auseinanderzusetzen. Loriots berühmtes Zitat hallte vielfach voll Freude über die Plätze: „Ein Klavier, ein Klavier!“
Nach Paris, Genf, London, Barcelona, Pécz und Tilburg war München die erste deutsche Stadt, die sich dieser Streetart-Bewegung angeschlossen hat. Initiiert hat dies der Münchner Verein Musik mit Kindern e. V. – unter der Schirmherrschaft von OB Christian Ude wurde das Projekt vom Kulturreferat der Landeshauptstadt unterstützt. Die Instrumente wurden fachgerecht gestimmt und von Münchner Künstler_innen, aber auch von Schulen und Jugendorganisationen individuell gestaltet und nach der Aktion „PMIY“ versteigert.
Frauen aufs Podium!
Die Konzertmatinee 25 Jahre musica femina münchen im März 2013 hallte nach: Ohne groß zu grübeln kam Grafik-Designerin Irmgard Voigt auf die Idee, mit ihrer Gestaltung spielerisch auf Komponistinnen aufmerksam und neugierig zu machen, die in Konzerleben und Gesellschaft kaum präsent sind. Den feministischen Ansatz visualisiert Irmgard Voigt auf dem Klaviergehäuse: mit einer großen Anzahl von Playmobil-Figuren (alle weiblich, alles starke Frauen, von der Firma Playmobil begeistert gespendet) auf der Klavieroberfläche und mit einer langen Liste aktiver Münchner Komponistinnen, die fast 50 (!) Namen umfasst. Beim Betrachten der Figurenszenen kamen Passant_innen ins Gespräch über Musik, über Frauen in ‚Männerberufen‘ oder über das pure Glück, Klavierspielen zu können. Verblüffend, wie viele Menschen das Komponistinnen-Klavier anzog!
Hier können Sie die Dokumentation zum Komponistinnen-Klavier downloaden.
Wie auf einer Bühne wirken die Szenen auf dem Klavier – beinahe wie in Bewegung: vom Frauenchor mit Dirigentin über Lady Gaga bis zu den drei Flamencotänzerinnen. So konnte und kann die mfm-Idee, Komponistinnen erlebbar zu machen, auf originelle Weise bekannter werden. Nach der Aktion „PMIY“ wurde das Komponistinnen-Klavier, das auf dem Hohenzollernplatz stand, durch eine großzügige Spende für mfm erworben. Es steht derzeit als Leihgabe in der SchLau-Schule München, die alleingereisten jugendlichen Flüchtlinge einen Schulabschluss verschafft und Traumatherapie anbietet. Das Komponistinnen-Klavier steht in einem Klassenzimmer und trägt dazu bei, dass die Jugendlichen den erlebten Horror besser verarbeiten können.
Bericht einer Besucherin, 9. Mai 2013
Hast du Töne? Na klar, haben wir Frauen solche – nur werden sie in der ‚Männerdomäne‘ Musik und Komposition oftmals nicht gehört. Man nehme Klaviere und stelle sie mit der großzügigen Aufforderung „Spiel mich, ich gehöre dir!“ an beliebte Münchner Plätze. Heraus kommt ein ungemein vielseitiges, fesselndes, herzerwärmendes (und kostenloses!) Freiluftkonzert, das sich von morgens zehn bis abends zweiundzwanzig Uhr quasi über die gesamte Innenstadt erstreckt. Jung und alt sind nicht nur das oftmals zahlreiche Publikum, sondern auch die Interpret_innen, Menschen, die noch nie auf einer Konzertbühne standen, und oftmals mit großer Innigkeit, Versunkenheit, Leidenschaft und beträchtlichem Können spontan in die Tasten hauen. Unbekannte Menschen kommen miteinander ins Gespräch, lauschen andächtig, zollen einander Beifall, lachen, kommen sich näher – inspiriert von der Weltsprache Musik. Die Gelegenheit, Musik zu machen, verzaubert die Menschen! Und was ich noch so berückend gefunden habe – die Leute kommen sich näher, die Musik lässt die Distanz zwischen ihnen schwinden. Ich habe einander völlig fremde Personen beobachtet, die bereits nach wenigen Minuten in Gespräche vertieft gewesen sind. (Rhea Elise, freidenkerin.com)
Jugendliche treffen sich am Komponistinnen-Klavier.